Ende einer Zivildienstzeit
Brigitte Betzel-Haarnagel, 1990 - für Carsten
Vor 16 Monaten ein Inserat in der Tageszeitung, Samstagausgabe: ZDL für ISB gesucht - Kinder.
Du kamst Dich vorstellen bei uns und wolltest bleiben, Deinen Zivieldienst bei un ableisten, ohne wirklich zu ahnen, was konkret auf Dich zukommt.
Zwei behinderte Kinder, ein heftig pubertierender Vierzehnjähriger, eine Familie mit all ihren Problemen, Höhen und Tiefen.
Am Anfang war die Anonymität, wir waren uns fremd und konnten nicht gleich so gut miteinander, - zwei unterschiedliche Welten und Erwartungen prallten aufeinander - und heute?
Mir ist, als ob eines meiner Kinder gehen würde, ein sehr guter Freund uns verlässt.
Ich kann mir das Leben ohne Dich einfach nicht mehr vorstellen.
Du bist nicht nur der Zdler für die Kleinen, Du bist wie ein lieber, großer Bruder für sie - plötzlich hattest Du sie lieb und wir lieben Dich, es ist einfach so passiert.
Zivildienst - Zwangsverpflichtung, unfreiwillig - und auf einmal hast Du Dich wohl gefühlt mit uns, in all dem Chaos einer Familie.
Taufpate für Steffi wolltest Du werden, und die Konsequenzen, die Verantwortung, die Du damit übernommen hast - es ist Dir ernst und Du meinst es ehrlich.
Ich könnte mir an dieser Stelle niemand anderen vorstellen.
Lieber Carsten ich danke Dir für das Geschenk, der wunderbaren Monate gemeisam mit Dir, für Dein Träumen, Dein Lachen, Deine Geduld, Dein Verständnis, Deine Ideen und die Liebe, die Du
meinen drei Kindern gegeben hast.
Danke für Deine Kameradschaft und Deinen steten, positiven Einsatz für uns.
Wenn Du uns brauchst- wir sind immer für Dich da!!
Und nun, fast zwei Monate später?
Unsere langen Diskussionen - was willst Du wirklich, was sagt Dein Herz, wer bist Du geworden?
Du wusstest plötzlich der Weg zur gesicherten Beamtenlaufbahn im Bankwesen, - er passt nicht mehr zu Dir, wird Dein Leben nie mehr erfüllen. Du hast Dich verändert, bist ein Stück aufgewacht, offener
geworden.
Es ist Mittag, Du kamst zur Tür herein, zielstrebig auf mich zu.
„Brigitte, weißt Du, was ich heute gemacht habe? Ich habe mich in der Kita um einen Praktikantenplatz beworben. „
Bravo Carsten, Du fängst an Deinen selbst gefundenen Weg zu gehen, zu Dir und Deinen Gefühlen zu stehen.
Ich bin sehr stolz, dass meine Kinder, Deine Zdlzeit mit ihnen, Dir die Tür zu Dir selber ein Stück weit geöffnet haben.
Erzieherausbildung - Soz. Päd. Studium - was auch immer, irgendwas davon wird klappen - genauso wie Du den Praktikumsplatz bekommen hast und egal, was weiter wird, genau dort passt Du wirklich
hin.
Und in paar Tagen ziehst Du in unser kleines Zimmer oben ein - wenigstens für die Zeit Deines Praktikums hier in der Kita - und wir wissen heute alle - Du passt zu uns - wir haben ja lange genug
geübt.