Helgas Katze 2007
so wie es ist, ist es gut
Heute Nachmittag habe ich etwas sehr niedliches und beeindruckendes erlebt.
Helga, eine ganz liebe, 87 jährige, gute Bekannte von mir hier im Ort, wartete diese Woche auf meinen Anruf und unsere Verabredung, für einen Adventsbesuch meinerseits bei ihr.
So halten wird das nun schon seit fast fünf Jahren. Jedes Jahr hat sie für meine „Kleinen“ eine liebevoll gefüllte Weihnachtstüte, die ich dann für die Kinder mit nehmen soll, fertig unter ihrem Wohnzimmertisch stehen und Helga freut sich, dass wir uns freuen.
Helga hat meine beiden Kleinen schon beim ersten kennen lernen ins Herz geschlossen und somit auch sofort mein Herz erobert.
Heute Vormittag, als ich bei Helga anrief, war sie recht aufgeregt. Sie müsse nun mit der Katze zum Tierarzt und eine Nachbarin käme gleich mit Katzenkorb und Auto, um mit ihr und der Katze, zum Tierarzt zu fahren.
Auf meine verwunderte Frage, ob es denn ihre Katze sei, mit der sie zum Tierarzt müsse, verneinte Helga . Aber, die Katze hätte Schnupfen und nun müssen sie zu Tierarzt, hätte die Nachbarin auch schon gesagt.
Etwas erstaunt dachte ich über Helgas Worte im Frühjahr dieses Jahres nach. Helga meinte, sie sei nun schon so alt und doch auch nicht mehr so fit, sie wolle nun kein Tier mehr zu sich nehmen, sie weiß doch nicht, wie lange sie noch lebt und wer so ein Viecherl dann übernimmt, wenn sie es nicht mehr versorgen kann.
Helga, muss man wissen, ist ein großer, großer Tier- und Menschenfreund. Als ehemalige Krankenschwester mit Leitungsfunktion, aufgewachsen auf dem Lande irgendwo im Osten , ist sie ein Mensch, der sehr intensiv mit dem Herzen sieht, lebt und handelt. Und Tiere gehörten schon immer zu ihrem Leben.
Ihre Argumente aus Altersgründen kein Tier mehr auf zu nehmen konnte ich gut nach voll ziehen. So denke ich ja eigentlich auch. Ich möchte auch keinem Tier antun müssen, wenn ich nicht mehr kann, nicht mehr die Kraft und Zeit habe, nach einem neuen, liebevollen zu Hause für es suchen zu können, dass es einem Tier dann schlecht geht. Ich will kein Tier übrig lassen müssen in einem ungewissen Schicksal.
Am Nachmittag rief Helga mich zurück. Nun sei sie wieder zu Hause und die Katze auch und bei der Krankengymnastik sei sie nun auch gewesen, und ich könne nun zu ihr kommen, wenn ich mag.
Um 17 Uhr betrat ich Helgas kleines, gemütliches Wohnzimmer und wurde von zwei wunderschönen Katzenaugen vom Teppich unter dem Wohzimmertisch her angezwinkert.
Also hast Du doch wieder eine Katze? Stellte ich Helga die Frage, die sie verneinte. Aber—die Katze, die ein 10jähriger, bildschöner, wahnsinnig freundlicher Edelkater ist, würde seit ein paar Wochen bei ihr wohnen.
Langes, dunkles Fell, ein Katzengesicht zum verlieben und von seiner Körperhaltung her sagend und zeigend—ich bin hier zu Hause, hier fühle ich mich wohl.
Der Kater, so erzählte mir Helga nun, gehöre eigentlich in die Seitenstraße in ein Haus, dass vor einem dreiviertel Jahr umgebaut worden sei. Dort lebte dieser Kater mit einer Kätzin zusammen, die wohl den Lärm und die Unruhe der Umbaumaßnahmen in ihrem zu Hause so übel genommen hat, dass sie seitdem spurlos verschwunden ist.
Nach Abschluss der Baumaßnahmen, dachte nun die Familie des Hauses, dem armen, nun einsamen Kater eine Freude zu machen, und adoptierte zwei kleine Miezekatzen. Und das war wohl der Grund, warum der Altkater anscheinend beschloss, nun auch aus zu ziehen aus diesem Haus. Erst hat er den ganzen Lärm der Umbauten ertragen müssen, dann verschwand seine Freundin auf Nimmerwiedersehen und nun noch zwei temperamentvolle Jungkatzen? Das war einfach zu viel für seine empfindsame Katerseele.
Und da er Helga und ihre Wohnung durch nachbarschaftliche Besuche, bei denen er natürlich auch schon mal Leckerchen und Streicheleinheiten bekam, gut kannte, hat er wohl beschlossen, sein Katzenseniorendasein bei dieser tierlieben und immer freundlichen Nachbarin, die ruhig, gemütlich alleine lebt und alle Zeit der Welt, nur für ihn hat, zu verbringen.
Die eigentlichen Besitzer des Katers wissen , wo ihr Kater sich nun aufhält, sie akzeptieren seine Entscheidung und haben die Verantwortung für seine Versorgung an Helga übergeben.
Der Kater dreht weiter seine Runden in der Nachbarschaft, aber, er kommt regelmäßig wieder zu Helga nach Hause zurück.
Helga hat sich aus Vernunftgründen kein Haustier mehr ausgesucht, nun hat ein Kater den Spieß umgedreht und sie ausgesucht, ist das nicht niedlich?
Und wer die Beiden so zusammen sieht, wie zufrieden der Kater auf Helgas Schoß sitzt, seine hübschen Vorderpfoten zu ihren Schultern reckt und sein entzückendes Katzenköpfchen an ihrer linken Wange reibt, käme nie auf den Gedanken, dass es zwischen den Beiden nicht schon immer so vertraut zu ging.
Die drei Tage , von der Tierärztin verordneten Hausarrest wegen der Medikamente, dürften dem Kater so sicher nicht all zu schwer fallen.
Dieser Kater tut der alleine lebenden Seniorin einfach nur gut.