15. Juli bis 21. Juli 2009
Mittwoch, 15. Juli 2009
Am Samstag soll tatsächlich eine neue Pflegehelferin in der Gruppe anfangen. Bin mal gespannt, wie sich ihr Einsatz zeitlich qualitativ auswirkt. Es wird wohl nur einen 3 Monatsvertrag für sie geben. Ob Martin in dieser Zeit sehr viel weiter kommen wird? Und nur einen 3 Monatsvertrag, ich finde dieses Vorgehen mehr wir traurig, für die Bewphner und für die junge Frau, die arbeiten will.
Absaugen wird sie allerdings auch nicht dürfen, da sie keine voll examinierte Kraft ist und gerade das Absaugen ist im Moment sehr oft nötig bei Martin. Eine Praktikantin ist seit dieser Woche auch in der Gruppe tätig, aber nur für zwei Wochen und für Martin hat sie sich noch gar nicht interessiert. So rein aus dem Bauch heraus, eine junge Dame die sich die Hände nicht schmutzig machen will.
Auch mit anzahlmäßig mehr Personal, sind es nicht mehr Prozent Personal, es fallen nur nicht mehr so viele Überstanden an. Heißt also, Martin hat leider nicht wirklich etwas davon, dass zwei Personen mehr auf dem Dienstplan der Gruppe stehen können.
20.00 Uhr
Wie es uns geht damit, wissen wir nicht im Moment. Vielleicht kommt es ja noch. So manches Mal denke ich, ich spüre mich nicht mehr wirklich und die
Personalpolitik der Einrichtung erscheint mir wie großes Sparschwein.
Heute hat mir eine Mitarbeiterin der Gruppe , etwas aufgeregt, klipp und klar gesagt, dass sie Martin nur einmal in den Rolli setzen können am Tag—heißt im Klartext, er steht von 11- 15 Uhr ziemlich
alleine, sitzend in seinem Rollstuhl, im Tagesraum, schaut TV oder zur Tür, bekommt mit, wie die anderen Bewohner ihr Essen vertilgen, während bei ihm Nahrung und Wasser über die
Sonde laufen, kommt dann um 15 Uhr wieder in sein Zimmer zu Bett--alleine natürlich, kann dann wieder TV schauen oder aus dem Fenster-- und bleibt dann auch dort, weil das
Personal es zeitlich nicht anders schafft.
Wenn wir es anders haben wollen, müssen wir Martin selber umsetzen, sie können es nicht öfters leisten, Martin sei ja hier nicht der Einzige. Ob die Gute wohl kurz vor einem
Burn-Out steht? Eigentlich kenne ich so ein Verhalten nicht von ihr. Weder Martin noch wir können wirklich Etwas dazu, dass er nun arbeitsaufwendiger ist als vor der Hirnblutung und ein bisschen mehr
Einfühlungsvermögen haben wir schon erwartet von allen Mitarbeitern der Gruppe. Es ist uns auch unverständlich, wieso bei den Summen an Umsatz in der Einrichtung ausgerechnet am Personal immer weiter
eingespart wird und nicht endlich wieder der Personalschlüssel auf gestockt wird.
Ich bin auf jeden Fall im Moment wahnsinnig enttäuscht von dieser Mitarbeiterin und dass von der Leitung der Einrichtung keine Abhilfe für die ständige personelle Unterbesetzung.
Den Therapeuten , die im Moment an und mit Martin arbeiten müssen, ist es wohl im Moment egal ob er im Bett liegt oder im Rolli sitzt, sie können in jeder Lage mit ihm arbeiten und wenn wir
nicht kommen können, oder sich etwas Anderes an Gesellschaft ergibt, könnte es sein, dass Martins Leben genauso hohl weiter geht, wie es sich nun zu entwickeln scheint und er gar nicht mehr vor die
Tür kommt, weil er, wenn wir demnächst nur noch Abends, nach Feierabend zu ihm kommen, schon so geschafft ist vom Tag, dass wir ihm keinen Gefallen mehr damit tun, ihn wieder aus dem Bett zu
holen.
Nun sind wir echt am überlegen, wie wir weiter vorgehen sollten. Ich weiß ja, dass in der Einrichtung sehr wenig Zeit für den einzelnen Bewohner durch die knappe personelle Situation vorhanden
ist, aber das kann es ja nicht gewesen sein. Wir können doch auch nicht alles auffangen, wann denn noch? Freizeit für uns haben wir doch kaum noch und es wird eh nur noch das Nötigste gemacht in Haus
und Garten. Wir sind doch auch nur Menschen und keine Roboter, die nur ab und an mal ein wenig Öl in die Gelenke brauchen.
Diese Riesensumme, die für Martin jeden Monat gezahlt wird und dafür darf er dann im Bett bleiben? Wie soll das Mobilisieren denn aussehen, wenn Nieman Zeit hat, ihn dafür vor zu bereiten und demenstsprechend um zu setzen? Er kann doch absolut gar nichts mehr alleine machen, sich kein bisschen selber helfen.
Wie hat Martin sich heute gefreut, als seine ehemalige Lehrerin mit einem Kollegen zu Besuch kam. Sein Lächeln wird immer besser, wenn er sich freut. Glücklicherweise kann er sich noch freuen, hin und wieder, in all seinem Elend.
Die Physiotherapeutin wurde wieder mit einem reizenden Lächeln begrüßt und als sie gehen wollte, hat Martin sich aufgeregt, er wollte, dass sie noch bleibt. Ich weiß, er setzt nun viel Hoffnung in sie und hofft, dass er wieder so sein kann mit seinen Bewegungsmöglichkeiten, als vor dem Crash. Er spürt dieses nur geparkt Werden im Moment und dass, auch wenn die Leute ihn mögen, Niemand vom Personal wirklich Zeit hat für ihn.
Früher konnte er sich mit dem Rolli frei bewegen und konnte seine Kontakte eigenständig am Laufen halten und pflegen, nun spürt er noch Einsamkeit zu seiner Trauer, obwohl dies so in einer so großen Einrichtung gar nicht wirklich aufkommen müsste.
Was sollen wir nun tun und wie können wir ihm jetzt wirklich helfen? Immer wieder tritt diese Frage in den Vordergrund und wir kommen auf keine sinnvolle Antwort.
Donnerstag, 16. Juli 2009
Es wird wohl darauf hinausgehen, dass wir die Einrichtungsleitung und PDL schriftlich darauf hinweisen müssen, dem zwischen der Einrichtung und uns geschlossen Vertrag, auch in dieser veränderten Situation Folge zu leisten.
In diesem Vertrag stehen wunderbare Sätze zu Mobilisation, angepasster Betreuung usw. All die schönen, sinnvollen Dingen, die mit dem derzeit eingesetzten Personal, für Martin in seiner veränderten Situation, zeitlich gar nicht machbar sind.
Sollte dieser Vertrag eine bewusste Mogelpackung sein, könnte ich mir schon vorstellen, dass wir auch einen Klageweg beschreiten würden, auch wenn dies Nervkram ohne Ende sein wird.
Wir wollen ja nichts unmögliches, Unrechtes für Martin und andere, derart eingeschränkte Bewohner. Aber sie sollten schon wirklich das Gefühl haben dürfen, sich dort, in der Einrichtung, auch wirklich zu Hause fühlen zu können und dass immer genügend Betreuer für sie da sind.
Wir haben unseren Lebensmittelpunkt bewusst in dieser Gegend gewählt, als wir 2002 das Bundesland wechseln mussten, und sind nun die nächsten 12 Jahre hier auch definitiv noch gebunden, wenn nicht Jürgens Arbeitsstelle hier nicht auch wieder weg reduziert werden sollte.
Mit einer der Gründe für die Wahl dieser Gegend war, dass die Sonderschule und WfB, sowie das Behindertenheim nur 6 km entfernt sind. Die meisten Rahmenbedingungen haben gepasst und nie im Leben wären wir auf den Gedanken gekommen, dass für eines unserer Kinder so eine Unterversorgung daraus entstehen könnte.
Die andere Seite ist, dass wir Martin jetzt in diesem traurigen Zustand, aus räumlichen Gründen zu Hause gar nicht mehr versorgen könnten, wir körperlich auch altern und unsere Kraft nach lässt. Ferner wissen auch wir nicht, wie lange wir noch halbwegs gesund und fit leben dürfen. Martin hat uns ja ganz deutlich vor Herz und Augen geführt, dass von einem Moment auf den Anderen, Alles anders sein kann.
Dass Steffi und Martin vor drei Jahren in die Einrichtung umgezogen sind, hatte nicht Grund, dass wir sie los werden wollten, sondern, dass sie lernen können, ohne uns zu leben während wir noch immer begleitend für sie da sein können.
20.00 Uhr
Es sind auch nicht alle Pflegekräfte so eingestellt, wie diese eine Mitarbeiterin, aber sie ist eben ein Teil des Ganzen und das macht es schwierig, weil eben auch Martin, wenn sie Dienst hat, von
ihr abhängig ist. Klar ist Martin nun wesentlich zeitaufwendiger in der Versorgung, dafür aber auch weniger in der pädagogischen Beaufsichtigung. Jeder weiß ja definitiv, wo er Martin mit seinem
Rollstuhl geparkt hat. Entweder liegt er im Bett oder steht in seinem Rollstuhl sitzend vorne im Tagesraum vor der Glotze und an und ausziehen beim raus Fahren oder rein Kommen
fällt auch weg, da er sich ja nicht mehr alleine auf den Weg, raus aus der Gruppe, machen kann.
Nun kommt aber noch ein neues Problem dazu. Steffi soll in eine andere Wohngruppe umgezogen werden, die kostengünstiger für den Kreis ist und wir wollen sie auf keinen Fall aus dieser ihr
vertrauten Gruppe raus reißen lassen. Es war schwer genug für Steffi, sich dort ein zu finden in der Einrichtung und für die Mitarbeiter, Steffi zu verstehen. In einer Gruppe mit noch weniger
Personal kann ich mir nur vorstellen, dass sie ausschließlich nur noch vor der Glotze hängt und sonst gar nichts mehr läuft und wir uns noch weiter aufteilen müssen um bei den Kindern zu sein und
ihnen gerecht zu werden. Es ist nun auch so nicht mehr einfach, weil wir Martin ja nicht mehr einfach ins Auto heben können um ihn mit zu nehmen.
Am 27. Haben wir einen Gesprächstermin mit der Heimleitung und wir werden wohl in den sauren Apfel beißen müssen, die 300 Euro Differenz selber zu zahlen, wenn Steffi dann schon
Thema sein sollte. Vielleicht haben wir ja noch eine Weile Schonfrist. Das würde dann bedeuten, ich suche mir am besten gleich noch zwei Putzstellen, oder es kommt endlich ein Lottogewinn und rettet
uns.
Die ganze Geschichte wurde im letzten Jahr über das Sozialamt ins Leben gerufen und wurde uns schon zum Jahresende 08 beim Hilfeplangespräch mitgeteilt. Damals habe ich noch gesagt, dass ich meine
Tochter dann lieber wieder nach Hause hole, was in Anbetracht meines Alters und meiner nicht mehr so ganz vorhandenen Gesundheit nicht so verantwortungsvoll Steffi gegenüber
wäre.
Alles hängt immer nur vom Geld ab, es ist zu Heulen. Diese Aktion hängt von hässlichen 300 Euro ab. Ich habe im Moment 450 Euro netto raus und wenn ich die Fahrkarte bezahle, bleiben 380 Euro
übrig.
Aber es gibt auch hin wieder Lichtblicke. Im Moment ist es die Physiotherapeutin der Einrichtung, die sehr lieb und intensiv mit Martin arbeitet und er scheint es inzwischen auch
zu verstehen, wie wichtig diese Anwendungen sind.
Ich habe schon Einiges abgeschaut von ihr und kann am Wochenende selber die eine oder andere Bewegung mit Martin machen, wenn er im Bett liegt.
Eigentlich würde ich mir wünschen, die Kraft zu haben, mindestens alle 4 Stunden mit Martin zu turnen um ihn schneller weiter zu bringen.
Freitag, 17. Juli 2009
Unsere Fenster haben nun definitiv Schonzeit bis mindestens zum Urlaub Anfang Dezember. Es wäre eh sinnlos sie jetzt zu putzen und dann gießt es wieder so heftig wie heute. Vertane Zeit also, die wir eh nicht mehr haben im Überfluss.
Ich finde eigentlich auch, dass unsere Problemsträhne völlig ausgereizt war und bewegen werden wir in Steffis Angelegenheit sicher nur unsere Kontobewegung können. Wir wissen es ja schon länger, haben es aber verdrängt und gehofft, es wird nicht soweit kommen. Wenn es um das liebe Geld geht, ist unsere Behörde schon sehr erfinderisch, besonders bei den möglichen Einsparungen bei hilflosen Menschen.
So wünsche ich nur Jedem, der am Leid anderer beteiligt ist, egal wie, dass er es auch am eigenen Leib, in der eigenen Familie spüren und erfahren soll, genauso schmerzhaft . Erst dann wird es wohl positive Veränderungen und ein Umdenken geben.
Martin ging es heute nicht so prickelnd und der Heimarzt, der mittags an mir vorbeilief, als ich neben Martin im Tagesraum saß, meinte, er würde hier nur auf Risiko arbeiten können. Rein aus Trotz habe ich ihm gesagt, dass es Martin doch heute blendend geht. Ich bin mir sehr wohl seiner immer noch nur 50% Chance bewusst und will die Quote aber nun auf 60% aufsteigen sehen, zum Positiven hin.
Der Heimarzt hat die verbliebenen Antibiotika auf 50 % reduziert, da Martin schon wieder mit Hautrötungen reagiert. Ich kann nur beten, dass die Krankenhauskeime in seiner Lunge endlich erledigt sind. Lange genug bekommt er ja nun die Antibiose. Gerade heute wieder hat Martin sehr viel Schleim produziert und musste noch häufiger, als an den anderen Tagen abgesaugt werden, und es ist schon so manches Mal bis 40 mal Absaugen nötig pro Tag.
Gruppenmitarbeiter Alex hatte Martin die einst so geliebte Rhiana CD aufgelegt und siehe da, Martin konnte sich wieder an dieser Musik erfreuen, die ihm vor einer Woche noch zu laut und schrill war. Heute war er stolz am Lächeln.
Alex bekommt nun glücklicherweise einen Ausbildungsvertrag in der Einrichtung und darf noch ein ganzes Jahr in dieser Gruppe mit arbeiten. Es freut mich für Martin, weil ich spüre, dass bei Alex und ihm die Chemie stimmt und dieser junge Mann auch mit seinem Herzen arbeitet. Möge ihm diese Gabe ein Leben lang erhalten bleiben
Nachmittags war Martin dann nur noch weinerlich und die Angebote, die ich ihm machen konnte, entweder draußen auf dem Gelände spazieren zu gehen oder mit ihm seine Autozeitungen zu schauen, oder fern zu sehen, kamen nicht gut an. So lag er dann wirklich um 15.30 Uhr in seinem Bett und als wir am Abend gingen, war er kurz vorm Einschlafen. Vielleicht ist es auch die Gewitterluft, die ihm zusätzlich so zu schaffen macht. Ich will es jedenfalls hoffen, dass nicht schon wieder mehr dahinter steckt.
Ab Montag kann Martin ab Mittag, ab und an, für zwei-drei Stunden mit in eine Gruppe Tagesbetreuung der Einrichtung gebracht werden. Damit ist er zwar kognitiv total unterfordert, weil sich dort in erster Linie geistig sehr schwer behinderte Bewohner tummeln, aber es ist eine Abwechslung in seinem Tagesablauf, der so auch wieder ein wenig Struktur bekommt, und ich habe ein wenig mehr Luft, es müsste dann wirklichen ausreichen, wenn Jürgen und ich am Abend für zwei/drei Stunden in die Einrichtung kommen. An den Wochenenden werden wir dann nach wie vor für Martin da sein. Wenn ich Dienst habe, wird Jürgen auch alleine einige Stunden bei Martin verbringen.
Die Leiterin der Tagespflege kennt Martin anscheinend ganz gut und weiß auf welchem Niveau sie mit ihm kommunizieren kann. Ich habe sie trotzdem darauf hingewiesen, dass Martins Verstehen und Denken genauso lebendig ist, wie vor der Hirnblutung. Ich denke, sie wird sich bemühen, Martin als ganzen Menschen an zu sprechen. Was bleibt uns auch noch, außer blind zu vertrauen?
Samstag, 18. Juli 2009
Wieder eine große Festivität, das jährliche Fleckenfest in Tamm. Nichts entsteht in mir, dieses Happening besuchen zu wollen. Es ist zu laut, sind zu viele Menschen und macht mich eher traurig im Moment, als dass ich dem Geschehen etwas Positives abgewinnen könnte.
Jürgen und ich werden heute einkaufen für Steffis Geburtstag am Montag, einen neuen Fernseher für Martin erwerben und die bescheidenen Lebensmittel für unseren Haushalt besorgen.
Martin haben wir versprochen, spätestens um 13 Uhr bei ihm zu sein. Am Wochenende ist üblicherweise noch viel weniger los in der Einrichtung, als den Wochentagen und die Stunden ziehen sich sehr in die Länge.
20.00 Uhr
Der neue Fernseher steht nun auf Martins Schreibtisch. Da er nun mehr Zeit gezwungener Maßen vor dem TV verbringen wird, besitzt er nun einen größeren Bildschirm als zuvor. Sobald wir eine passende Wandhalterung haben, wird der TV an die Wand gegenüber seines Bettes gehängt. Martin braucht den Fernseher nun wirklich, da er nichts alleine unternehmen kann und er längere Zeiten im Bett verbringen muss.
Heute konnte Martin jedenfalls gleich ein Autorennen in seiner neuen Glotze anschauen, auf seinem neuen, größeren Fernseher. Das Geld dafür haben wir auf seinem Taschengeldkonto ansparen können.
Wie wird Steffi damit umgehen, dass wir zu Geburtstagen nicht mehr zu MCD fahren? Wir können es nicht ohne Martin, haben das Gefühl, ihm Etwas vor zu enthalten, unfair zu sein. Vielleicht fragt Steffi auch gar nicht danach und diese Besuche verlieren an Gewichtigkeit.
Es bildet sich wieder vermehrt Schleim in Martins Lunge, seine Haut gefällt mir nicht, obwohl der Riesenausschlag an seinem Rücken besser wird, wirkt seine Gesichtshaut verändert und der Ausschlag hängt nun an Hals und Hinterkopf, sowie im Genitalbereich.
Martin nimmt auch nur an seinem Bauch an Umfang zu, wird ansonsten am ganzen Körper stetig dünner zur Zeit.
Fieber hat er derzeit noch nicht, trotzdem habe ich Angst vor einem Rückfall der Krankenhauskeime, der dann das Ende bedeuten könnte.
Sonntag, 19. Juli 2009
Wenn Martin Besuch bekommt, wie heute von seinem Schulfreund Branimir mit Eltern, freut er sich, ist dann aber nur am Weinen, weil er sehr deutlich spürt, wie hilflos und anders er geworden ist. Er vermisst die alte Zeit und seine überschäumende Power genauso, wie wir.
Ich habe versucht ihm zu erklären, dass er seinen Besuchern besser zeigen sollte, dass er sich über ihren Besuch freut, dass sie es ja sehen und wissen, dass es ihm nicht gut geht.
Branimir sagte zu Martin, dass er immer gedacht hätte, Martin fahre hier immer fröhlich und munter mit seinem E- Rolli durch die Gegend und dass es ihm sehr leid täte, dass nun alles so gekommen ist für ihn.
Branimirs Vater standen Tränen in den Augen, als die Familie wieder ging.
Wenn man Martin kennt, wie munter und fröhlich er durch die Welt gerollt ist, kann man auch eigentlich nur noch weinen. Es ist ein heftiges Trauerspiel.
Montag, 20. Juli 2009 - Steffis 24. Geburtstag
Steffis Geschenke hatten wir gestern hinter Martins Schreibtisch deponiert und die Körbchen mit den Naschis, die Steffi heute in der Gruppe und in der Werkstatt verteilen wird.
Einer Mitarbeiterin der Gruppe wird in der Früh Steffis Geburtstagstisch richten. Dies heute Abend schon zu machen, hätte sicher zur Folge, dass einige Sachen fehlen würden am anderen Morgen. Leider gibt es hier auf der Gruppe auch Bewohner die keinerlei Respekt vor dem Eigentum Anderer haben.
Auch für Martin sind zwei Geschenkle dabei. Ein kleiner Autoteppich, den wir irgendwann an der Wand anbringen werden mit ihm und ein lila Poloshirt. Lila und Rot sind Martins Lieblingsfarben.
Steffi wünscht sich ja seit Jahren schon immer nur Malbücher und DVDs oder Videos, schon viele Jahre lang und auch zu Weihnachten, natürlich bekommt sie auch noch andere Geschenke dazu. Es ist schwer geworden, den Mäusen etwas wirklich Sinnvolles zu schenken. In ihren kleinen Zimmern ist sehr wenig Platz für persönlichen Besitz und deshalb ist es auch schwierig, richtig Ordnung zu halten.
Aber aufgeregt war Steffi schon gestern und heute Morgen muss sie bestimmt nicht geweckt werden.
Eis oder Kuchen für die Gruppe werden wir zum nächsten Wochenende mit bringen. An einem Werktag ist die Zeit immer zeitlich so knapp dran für ein paar Minuten Gemütlichkeit.
14.00 Uhr
Nun war die Logopädin zum ersten Mal bei Martin. Sie arbeitet nach Castillo Morales und scheint Martin sympathisch zu sein.
Tanja, eine Mitarbeiterin der Gruppe nahm sich netterweise die Zeit, und blieb dabei. Die grundsätzlichen Übungen in Martins Mundbereich sind kein großer Akt und können, immer mal wieder, mit einem Wattestäbchen oder mit einem Finger, mit etwas Tee durchgeführt werden. Alle anderen Bewegungen in Martins Gesicht, sind mehr wie eine Streicheleinheit für ihn und so hoffe ich, dass jede Person, die mit Martin zu tun hat, immer mal wieder daran denkt, so vor zu gehen. Ob wir das so erwarten können?
Wir sollen nun erst Mal kleine Kinderzahnbürsten kaufen, damit sei die Mundpflege im Moment einfacher zu bewerkstelligen, da Martin noch nicht immer willkürlich seinen Mund öffnen kann. Mit kleinen Zahnbürsten ist es wirklich einfacher, auch an die Zunge und den inneren Zahnbereich zu kommen.
Für Leute, die gerne nachlesen und weiter lernen wollen, habe ich eben noch das Buch dazu bestellt. Natürlich auch Eines für uns, damit wir es auch lernen und nachvollziehen können, was nun für Martin wichtig ist.
So war ich heute Vormittag nur 2 Stunden in der Einrichtung und hoffe, dass Martin ein wenig positive Empfindungen hat, wenn er seine ersten Stunden in der Tagesbetreuung, heute Mittag, verbringen darf.
Ich selber will mich einfach nur ein paar Stunden ausruhen heute und nichts tun.
20.00 Uhr
Der Schleim in Martins Lunge wird immer mehr. Heute Vormittag sah es noch ganz gut aus, im Verhältnis zu den letzten beiden Tagen, aber heute Abend war mit dem Absaugen kaum noch nach zu kommen.
Ich bete, dass es nur eine vorüber gehende Erscheinung ist.
Martin lag in seinem Bett, eigentlich ganz zufrieden und müde heute Abend. Warum kann nicht endlich wirklich alles besser werden?
Steffi hat ihren 24. Geburtstag genossen, auch wenn sie immer noch erzählt, sie sei 18, und wir haben ihre Geschenke dann mit ihr in ihrem Zimmer verteilt.
Nach dem ich Steffi dazu aufgefordert habe, sich doch bitte noch einen Moment zu Martin in sein Zimmer zu setzen, kam sie dann auch tatsächlich in sein Zimmer. Sie kann nicht verstehen, dass Martin nun anders ist und er kann nicht verstehen, dass seine Schwester dies nicht verstehen kann.
Es ist einfach nur traurig.
Morgen versuche ich, erst am Abend zu Martin zu gehen. Er wird hoffentlich KG haben am Vormittag und dann um 13.30 Uhr wieder zur Tagesbetreuung gehen, so dass die Zeiten, in denen er alleine ist, nicht so lange sind.
Ich hoffe so sehr, dass es ihm doch bitte bald wieder gut gehen soll.
Dienstag, 21. Juli 2009
Alpträume haben mich heute Nacht geplagt. Überall, wo ich hin fahren musste, gab es keine Verbindung mehr. Busse und S- Bahnen waren im Streik. Ich war verzweifelt, weil ich so nicht zur Arbeit und auch nicht von dort, wo ich mich befand, zu Martin kommen konnte.
Wir stehen alle mittendrin, in dieser ausweglosen Situation.
Für die Mitarbeiter der Gruppe ist es mit dem personellen Schlüssel nicht mehr möglich, Martin so zu versorgen und zu betreuen, wie es eigentlich nun sein sollte. Wir versuchen, wenigstens an den Wochenenden, die Zeiten mit ab zu decken. Es wird schwieriger, wenn ich dann auch noch Dienst habe.
Das bedeutet dann auch, dass uns die Wochenenden nicht mehr bleiben, um zu Hause alles auf zu arbeiten, was nötig ist. Also wieder zeitliche Abstriche machen.
Leider hat sich die Pastorin bis heute noch nicht auf meine Anfrage wegen Besuchsdienst gemeldet. Allerdings weiß ich nicht, ob sie vielleicht gerade selber im Urlaub ist im Moment.
Wichtig sind im Moment die Zeiten bis 13.30 Uhr, ich werde versuchen, persönlich jemanden aus dem Kreis der Helfer der Kirchengemeinde zu erreichen. Vielleicht gelingt es mir ja irgendwie.
20.00 Uhr
Inzwischen war doch tatsächlich eine Antwort von der Pastorin in meinem E-Mail Eingang angekommen. Muss wohl Gedankenübertragung gewesen sein. Sie war zur Fortbildung und zum Pfarrkonvent. Sie plant nun Besuche bei Martin mit ein und wir bleiben in Kontakt. Endlich ein wirklicher Lichtblick.
Martin war heute wieder sehr weinerlich und seine Haut war ganz feucht. Gestern wurden 21 Katheder zum Absaugen gebraucht, bis um 18 Uhr heute auch schon wieder 13 Stück.
Warum kann es nicht endlich ein wenig besser werden? Wieso muss mein Kind sich so weiter quälen?
Martin gefällt es nicht, dass wir die Zeiten an den Wochentagen reduzieren müssen und ich hoffe sehr, es lässt sich durch Besuche anderer Menschen ausgleichen, ihm die Zeit zu versüßen.
Immerhin hat er es heute zweimal geschafft, den linken Unterarm etwas an zu heben. Es ist auch zu spüren, dass sich langsam wieder Muskeln bilden in seinem gequälten Körper.
Als ich ihm erzählte, dass Ricky am Donnerstag mit kommt zum ihm, hat er wieder gestrahlt. Er braucht unsere Zeit in seiner Nähe und die Sicherheit, wenigstens für ein paar Stunden.
Dummerweise hat mich am Abend auch noch eine Wespe , ausgerechnet, in den Kopf gestochen, als ich meine Pflanzen im Garten gewässert habe. Hoffentlich ist in unserer Holzecke, in der wir Holz zum sägen sammeln nicht ein Wespennest entstanden, da wir uns nicht um das Holz kümmern konnten in den letzten Monaten. Vor diesen Tierchen habe ich Respekt, sie haben mich schon oft geärgert.