Drei Jahre sind vergangen Mai 2012
Auch nach drei Jahren ist die Zeit aus 2009 noch sehr präsent in mir. Ich könnte es so beschreiben, meine Seele hat sich von der Angst um Martin, sein Leiden mit zu erleben und der ganzen Anspannung dieser traurigen Episode immer noch nicht wirklich erholt.
Martin geht es inzwischen alles in allem gut für seine, durch diese Hirnblutung 2009 veränderten Verhältnisse. Er hat sich voll und ganz mit der körperlich veränderten Situation nach diesem Supergau abgefunden, ist fröhlich, neugierig, kommuniziert mit den verbliebenen Möglichkeiten sehr deutlich und wer sich auf Martin einlassen kann, weiß sehr genau, was er mitteilen will, auch ohne verbale Sprache und Laute.
Der letzte grippale Infekt den Martin im Februar 2012 bekam, hatte uns Alle in Schrecken und Alarmbereitschaft versetzt. Martin ging es dabei so elend, dass nicht nur wir befürchtet haben, er könnte sich auf den Weg machen . Die Antibiose hat erst nach drei heftigen Tagen leise begonnen, Wirkung zu zeigen. Jürgen hatte Urlaub genommen und sich tagsüber an Martins Bett gesetzt, damit er sich nicht so alleine fühlen musste in einer so ernsten Situation.
Martins Lebenswillen ist bewundernswert und beeindruckend stark. So schlecht es ihm auch erging, er wollte unbedingt die jährliche Faschingsfeier der Einrichtung am Faschingsdienstag besuchen, mit dabei sein bei diesem High Light des Jahres, auf jeden Fall.
Am Rosenmontag sah es noch so aus, als könne er gar nicht in seinen Rollstuhl umgesetzt werden weil er so schwach und müde war und als Jürgen und ich am Faschingsdienstagmittag zur Einrichtung kamen, damit Martin etwas Ablenkung hat und Unterhaltung wenn die anderen Bewohner feiern, war Betreuerin Karin gerade dabei Martin für die Feier zu richten. Das närrische Motto war in diesem Jahr die 80er Jahre und Martin besitzt rein zufällig ein tolles, buntes Cordhemd aus dieser Zeit. Dieses Hemd hatte er bei einem Flohmarktbesuch vor ein paar Jahren an einem Kleiderständer erspäht und wollte es unbedingt haben. Mit Lederkäppi und Sonnenbrille versehen und glücklich strahlend, ließ Martin sich mit den anderen Bewohnern der Wohngruppe in die Mehrzweckhalle bringen. Anderntags war er völlig erschöpft aber stolz und happy. Gute zwei Stunden hat er es ausgehalten in dem lauten, fröhlichen Trubel der Feier, dann merkten die Betreuer, dass Martins Kraft doch ziemlich nachgelassen hatte und brachten ihn zurück zur Gruppe und in sein Bett. Aber er hat es geschafft, er war mit dabei.
Jürgen und ich sind wieder nach Hause gefahren, etwas beruhigter als die Tage zuvor. Zum feiern brauchte Martin uns nicht. Wahrscheinlich hätten wir eher gestört als Eltern in dieser Menschenpartymenge.
Unser Mausebär will leben und was auch immer möglich ist mitnehmen, auf jeden Fall und unbedingt.
Ende Mai/Anfang Juni werden wir auch glücklicherweise endlich wieder einen Kleinbus fahren dürfen. Auch wenn es für unsere Situation nicht einfach war Fördermittel zu bekommen da wir es aus eigenen Mitteln nicht mehr stemmen konnten, mit Unterstützung des Vereins Mobil mit Behinderung und einiger großzügiger Stiftungen und Freunde, letztendlich mit fachlicher Beratung und Ausführung durch die Firma Paramobil auf der schwäbischen Ostalb durften wir nach 1 ½ Jahren der Bemühungen einen Kaufvertrag für ein gutes, gebrauchtes Auto, einen T5 mit Hochdach, unterschreiben. So können wir mit Martin wieder mehr unternehmen und ihn angemessen transportieren. Für diese Hilfe sind wir sehr dankbar, sie ist durchaus nicht selbstverständlich , für Martin bringt dieses Auto wieder etwas mehr Normalität in sein Leben und ein paar Schritte raus aus der Einrichtung.
Wir Oldies müssen uns erst mal daran gewöhnen ein Auto mit langem Radstand und 2,50m Höhe zu fahren. Aber in diesem hohen Auto kann Martin mit seinem notwendigen, großen Rollstuhl, wieder ganz normal und bequem transportiert und dank eines Superliftes von uns ohne Kraftaufwand eingeladen werden. Unsere alten Knochen danken es und für uns Alle bedeutet es endlich wieder mehr familiäre Gemeinsamkeit.
Nun genießen wir die Vorfreude auf etwas ganz Tolles.
Wunderbar finde ich immer wieder, dass mein jüngstes Kind von Herzen glücklich sein kann, sich freuen kann über die einfachsten Dinge und Sympathie, Liebe und Freude so deutlich zeigen kann. Nicht, weil es von Ihm erwartet wird, sondern weil diese Gabe tief in seiner Seele lebt, schon sein ganzes Leben lang.
Schwester Steffi geht zu unserer Freude inzwischen wieder unbefangen und natürlich mit ihrem Bruder um. Sie hat verarbeiten und annehmen können in ihrer kleinen Welt, dass Martin sich verändert hat.
Uns Oldies ist klar, irgendwann müssen wir Martin gehen lassen, sicher viel zu früh für unsere Herzen. Aber bis zu diesem Zeitpunkt soll Martin glücklich sein dürfen.
5. Mai 2012
Anfang dieser Woche wurde Martin nach drei Jahren das erste mal wieder Blut abgenommen.
Schon damals im KKH war es keinem Arzt mehr möglich eine Vene zu finden, die er anpiksen konnte.
Nun wollte der Heimarzt unbedingt ein Blutbild machen lassen, weil Martin schon wieder mit einem neuen Infekt kämpft.
Die Arzthelferin der Praxis, die regelmäßige Dienstzeiten in der Einrichtung hat, fand an Martins linkem Arm im Ellenbereich eine sichtbare Vene und es gelang ihr schon beim ersten Versuch genügend Blut ziehen zu können, ohne Martin weiter quälen zu müssen. Hut ab liebe Frau M.
Melanie die mit Martin im Arztzimmer war, berichtete, der junge Mann hätte es gelassen hingenommen wieder gepikt zu werden.
Das Ergbeniss dieses Blutbildes war hocherfreulich. Alle Werte sind im günen Bereich, sogar Leber und Nierenwerte sind vollkommen okay. Lediglich die Thrombozyten sind minimal unter Wert.
Uns Allen ist ein Stein vom Herzen gefallen und Martin hat sich mit uns gefreut.
Das sind doch tolle Neuigkeiten und sie geben uns ein klein Wenig Sicherheit.