Down Syndrom- inzwischen wieder unwertes Leben ?                                 1.8.2012

 

Das hatten wir doch schon trauriger Weise und es ist noch gar nicht so lange her. Wo bleibt der Lerneffekt zur Menschlichkeit?

 

Ein vorgeburtlicher Bluttest darf nun offiziell auf den Markt kommen. Es bedarf keines weiteren Zulassungsverfahren mehr, um zu selektieren.

 

Die Ärzte stehlen sich aus der Verantwortung, sie „informieren“ und lassen die Schwangeren mit dieser Information allein.

 

Vor wenigen Tagen wurde meine geliebte Adoptivtochter 27 Jahre alt. Eine reizende, freundliche junge Frau, die für mein Leben immer eine große Bereicherung war und mit ihrem Anderssein hat sie für reichlich Arbeitsplätze gesorgt in ihren 27 Lebensjahren. Natürlich entstanden Kosten, aber- die verursacht ein süchtiger Mensch auch in hohem Maße.

 

Meine Tochter lebt gerne und sie ist glücklich, freut sich über einfache, kleine Dinge, über Musik, leckeres Essen, Zeit und Aufmerksamkeit, die ihr geschenkt wird.

 

Sie liebt Menschen und Tiere und sie kann sich so wunderbar freuen.

 

Der Arbeitsplatz in einer WfB ist ihr wichtig. Sie ist eine zuverlässige, hilfsbereite, nette Mitarbeiterin und Kollegin, auf Urlaub würde sie gerne verzichten, ganz einfach weil sie gerne zur Arbeit kommt.

 

Ich spüre heute noch genau, wie glücklich ich war, als ich dieses damals gerade mal drei Monate alte, zierliche Menschlein im Herbst 1985 das erste Mal in meinen Armen halten durfte.

 

Der Gedanke, dass meine Tochter vielleicht erst gar nicht auf die Welt gekommen wäre, hätte ihre leibliche Mutter damals durch einen Bluttest fest gestellt, dass ihr Kindchen das Down Syndrom hat, trifft mich sehr.

 

Was maßen wir Menschen uns nur an? Wer oder was gibt uns das Recht, zu entscheiden, ob unsere Kinder leben dürfen oder nicht, bloß, weil ein kleiner Baustein sich geirrt hat und wir das nun auf so einfache Weise erkennen können?

Sollten wir nicht jedes neue Leben freudig begrüßen und es von Herzen in unserem Leben aufnehmen, ihm Heimat geben und ihm und uns die Chance geben, uns miteinander wohl zu fühlen?

 

Wir haben nur diese Zeit in diesem Leben und wir sollten diese Zeit nutzen und gerne mit anderem Leben teilen, dem schwächeren Glied unterstützend zur Seite stehen und ja sagen auch zum Anderssein.

 

 

 

Meine Tochter war und ist ein glücklicher Mensch, auch wenn sie mehr Zuwendung und Betreuung braucht, als vielleicht ein anderes „Modell“ Kind.

 

Die Menschenrasse Down Syndrom soll ausgerottet werden, einfach so. Eine in den meisten Fällen sehr liebenswerte Gattung Mensch ist nicht mehr vorgesehen. Eine Nuance der menschlichen Entwicklung , die es wohl schon immer gibt, soll keinen Raum mehr haben in unserer Gesellschaft, in unserer Mitte? Down Syndrom können wir nun durch einen einfachen Bluttest erkennen, ob aus einem optisch perfekten Embryo später ein Choleriker, Amokläufer oder Vergewaltiger wird, aber nicht.

Wer nicht bereit ist, sein Kind in Liebe so anzunehmen, wie es sich nach der Zeugung entwickelt, sollte es vielleicht doch besser sein lassen, sich auf das Abenteuer Elternschaft ein zu lassen.

 

Was, wenn das perfekte Kind durch Unfall oder Krankheit, durch eine Veränderung nicht mehr in die Lebensplanung der Eltern passt, so wie es geworden ist? Einschläfern lassen? Weg machen?

 

Kinder nach Maß und Norm, ist es das, was wir Menschen anstreben? Wo bleibt die Liebe und die Hoffnung, die Achtung und Ehrfurcht vor dem Leben? Wo bleibt der Schutz für das ungeborene Kindchen? Sein Menschenrecht auf Unversehrtheit?

 

Ich stelle mir vor, es entwickelt sich, wie in der Tierzucht. Nur die Lebewesen mit den besten Merkmalen werden zur Zucht zugelassen um unerwünschte Ergebnisse so gut wie es geht zu vermeiden. Toller Gedanke, nicht wahr?

 

Können wir nicht einfach annehmen und lieb haben, was durch unser Zutun entsteht, was uns geschenkt wird durch Schöpfung und Natur?

 

Es ist kaum mit Worten zu beschreiben, was meine Tochter, einfach durch ihr Dasein, für Lerneffekte beschert hat, welche Liebe sie in die Welt getragen hat und wie wenig sie andere Lebewesen bewertet.

 

Kaum vorstellbar ist für mich, ihr Lachen nie gehört zu haben, ihre liebevollen Streiche nie erlebt zu haben, ihren Gesang nie aufgenommen zu haben und ihre Zärtlichkeit nie gespürt zu haben.

 

Ich wollte mein Kind, genauso haben, wie es zur Welt gekommen ist und ich will mein Kind noch immer genauso haben, wie es sich entwickelt hat- zu einem wunderbaren Menschen mit Down Syndrom, oder gerade weil es kein Kind „von der Stange“ ist.